Der folgende Beitrag betrifft vor allem Unternehmer, schwerpunktmäßig Mittelständler, die in den vergangenen Jahren an „Optimierungsmaßnahmen“ ihrer finanzierenden Bank teilgenommen haben.
Der TV-Ausschnitt aus dem österreichischen Fernsehen gibt einen guten Einblick in das Geschäft der Swaps. Scheinbar haben namhafte Banken ganz bewusst solide Unternehmen in ein Spekulationsspiel gezogen, ohne darüber aufzuklären.
Zogen die Banken ihre Kunden über den ‚Glücksspiel‘-Tisch?
Bei diesen Swap-Geschäften konnte die Bank nur gewinnen (Null-Risiko) und der Kunde gewinnen oder verlieren (wie beim Roulette schwarz oder rot). Doch sehen Sie es im Video-Clip selbst:
Komisch, dass dieses Video nach wenigen Tagen online wegen „Urheberrechte“ gelöscht wurde. Dasselbe Schicksal ereilte Beiträge aus dem deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Verluste für deutsche Unternehmer und Kommunen gehen in die Milliarden
Neben Unternehmern, die hohe Verluste mit Swapgeschäften erlitten haben, sind auch zahlreiche Kommunen oder Kommunalunternehmen in Deutschland betroffen. Allein die Kreisstadt Pforzheim erlitt Verluste in Höhe von 56 Millionen Euro, wie der Stellungnahme von Oberbürgermeister Gert Hager zu entnehmen ist.
5 Fragen an Rechtsanwalt Dr. Andreas Mayer
Rechtanwalt Dr. Andreas Mayer von der Kanzlei Menz und Partner (Memmingen/Kempten) vertritt zahlreiche Geschädigte, die ihre Verluste aus Swapgeschäften von ihren Banken zurückfordern.
Wir haben mit Dr. Mayer darüber gesprochen, wie die Gerichte bisher in solchen Fällen geurteilt haben und was er Betroffenen rät. Wir begannen mit zwei Grundsatzfragen:
Redaktion: Was ist denn eigentlich ein Swapgeschäft?
Dr. Andreas Mayer: Swapgeschäfte sind sehr komplexe Geschäfte. Sie stellen einfach gesagt eine Wette des Anlegers gegen die Bank auf die Entwicklung bestimmter Währungen oder Zinssätze dar. Während der Laufzeit des Swapvertrages werden zwischen Kunde und Bank Zahlungen ausgetauscht, die je nach Entwicklung der Währungen und Zinssätze sehr unterschiedlich hoch sein können.
Damit bestehen sehr hohe Verlustrisiken für die Anleger. In den von mir vertretenen Fällen liegt der eingetretene Verlust immer im sechsstelligen Bereich, also deutlich über 100.000 Euro.
Redaktion: Wer hat solche hochriskanten Wettgeschäfte abgeschlossen?
Dr. Andreas Mayer: Swapgeschäfte wurden in großer Zahl von Banken mit Unternehmen, Kommunen und Kommunalunternehmen abgeschlossen. Sehr oft wurden die Kunden zum Abschluss dadurch verleitet, dass eine Verringerung der Zinsbelastungen in Aussicht gestellt wurde.
Ob diese Verringerung eintrat, war aber natürlich höchst ungewiss. Bisweilen wurden Swaps auch völlig unabhängig von Krediten als reine Spekulationsgeschäfte verkauft, trotz der bestehenden großen Verlustrisiken.
Redaktion: Wie sehen die deutschen Gerichte die Möglichkeit, Schadensersatz zu bekommen?
Dr. Andreas Mayer: Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Grundsatzurteil vom 22.3.2011 eine Bank dazu verurteilt, einem Unternehmen die Verluste zu ersetzen, die es mit einem Swapgeschäft gemacht hat. Seit diesem Urteil gibt es immer mehr Gerichtsentscheidungen, in denen Anleger erfolgreich ihre Verluste gegenüber Banken durchsetzen konnten.
Grundsatzurteil: Bank muss für Verlust entschädigen
Außerdem läuft hier derzeit eine große Zahl an Klagen, die noch offen sind. Ich persönlich habe den Eindruck, dass die Gerichte in diesem Bereich zunehmend anlegerfreundlicher urteilen.
Redaktion: Was werfen die Gerichte den Banken genau vor?
Dr. Andreas Mayer: Den Banken wird vorgeworfen, dass die Kunden nicht ausreichend über die Funktion, die Risiken und vor allem die hohen möglichen Verluste aufgeklärt wurden. Bei den Kommunen wurde auch das Spekulationsverbot nicht beachtet. So entstanden Verluste in enormer Höhe.
Damit haften die Banken wegen einer Pflichtverletzung innerhalb des Anlageberatungsvertrages auf Schadensersatz. Bei Verstoß gegen das Spekulationsverbot durch Kommunen steht auch die Möglichkeit einer Rückabwicklung des Geschäfts nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen im Raum.
Redaktion: Was raten Sie betroffenen Anlegern?
Dr. Andreas Mayer: Ich empfehle, dass sich Betroffene möglichst bald von einem Rechtsanwalt beraten lassen, der sich in dieser komplexen Materie auskennt. In der Regel ist zügiges Handeln nötig, um eine Verjährung der Schadensersatzansprüche zu vermeiden.
Bei Anlegern mit Rechtsschutzversicherungen übernimmt teilweise auch die Versicherung die Kosten für die anwaltliche Vertretung.
@Dr. Mayer: Vielen Dank für Ihre Darstellung und die aktuellen Informationen und Empfehlungen!
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